Immer wenn wir Autorinnen und Autoren in Braunschweig sind, verfolgen wir ein paar eingespielte Rituale, die sich im Laufe der vielen Jugendbuchwochen etabliert haben. Das obligatorische Foto mit dem eisernen Ritter in unserem bewährten Hotel Deutsches Haus gehört dazu zum Beispiel. Zum 43. Turnus der Lesungsveranstaltung haben wir es sogar geschafft, mehrere wunderbare Gruppenfotos aufzunehmen.
Kann man uns die ausgelassene Klassentreffen-Stimmung ansehen? Vielleicht ein bisschen, denn der gute eiserne Kerl war plötzlich um eine Tarnung reicher: Sonnenbrille und Schlapphut. Vielleicht damit er später nicht so genau hinsah, was die plötzlich losgelassenen Autorinnen und Autoren noch so ausgeheckt haben.
Mit dabei waren neben meinen beiden Münchner Kolleginnen Annette Röder und Silke Schellhammer außerdem noch Christian Linker, Katja Frixe, Oliver Schlick, Kai Pannen, Will Gmehling, Rüdiger Bertram, Rebecca Elbs, Rieke Patwardhan, Antonia Michaelis und Hansjürgen Feldhaus. Da ist Klassenfahrt-Stimmung quasi vorprogrammiert.
Ach ja, gelesen habe ich auch. Ganz schön oft und mit viel, viel Spaß. Das Witzige ist – wenn man so ein miserables Namensgedächtnis hat wie ich – dass man plötzlich in Schulen steht, die ein echtes Déjà-vu-Erlebnis bereithalten. In der Nibelungen-Realschule war ich nun schon das zweite Mal und in der Hauptschule Sophienstraße ebenfalls. Auch wenn der Name kein bisschen Erinnerung weckt – beim Eintritt in die Aula spätestens waren alle Erinnerungen an die Geschehnisse der Lesungen vor fünf Jahren wieder da. Ist dann fast wie heimkommen – aber das ist die Jugendbuchwoche in Braunschweig ohnehin. Mittlerweile schon das vierte Mal für mich – wobei eine Woche während Corona lediglich online war.
Zu den Ritualen gehört natürlich auch der Begegnungsabend mit den Veranstalterinnen und Buchinteressierten am Montagabend und die lange und ausführliche Buchhandlungstour bei den liebevollen und so unglaublich persönlich engagierten Organisatoren Bücherwurm und Graff. Denn mit Bahnstreik und Fliegerbombenalarm lief so einiges anders als geplant in dieser 43. Jugendbuchwoche, und die Organisatoren hatten alle Hände voll zu tun mit diesen unvorhergesehenen Herausforderungen.
Dieses Mal durfte ich sogar einen kleinen Eindruck einer ganz besonderen Abteilung von Graff gewinnen: In einem Nebenraum werden die Tausende (wirklich T-A-U-S-E-N-D-E) von signierten YA-Büchern verpackt und verschickt. Eine logistische Meisterleistung und heiß geliebt von jungen Leserinnen in der ganzen Republik – allen voran von meiner leidenschaftlich lesenden Tochter daheim.
Dabei hatte die Woche mit einem Unfall angefangen: Der Buchhändlerin, die einen Büchertisch in der Grundschule Waggum ausrichten wollte, riss der Riemen der Tasche, die Wasserflasche krachte auf die Betontreppe und die Scherben fügten ihr so tiefe Schnittwunden zu, dass sie erst mal ins Krankenhaus zum Nähen musste.
Es geht ihr mittlerweile wieder gut, hat Kai Pannen bestätigt, der sie am nächsten Tag getroffen hat. Mir hat man zum Glück erst nach den Lesungen davon erzählt, sonst wäre ich echt durch den Wind gewesen. (Gute Besserung auch auf diesem Weg noch einmal, Frau Jenzen!) So aber habe ich ungestört neue Wortspiele eingesammelt für die Wort-Acker-dem-ih auf www.linkslesestaerke.de. Insgesamt habe ich aus Braunschweig mitgebracht Kaffee-Maschine, Blumen-Topf-Erde, Esels-Ohr. Schokoladen-Tafel und Hoch-Wasser. Ach, ich könnte gleich wieder umkehren und noch mal eine Runde beim Eisernen Tugendwächter vorbeischauen.