2021 aus literarischer Sicht

Nein, ich finde nicht, dass man 2021 bashen müsste. Natürlich hat Corona uns in vielerlei Hinsicht in Atem gehalten, vieles hat sich dadurch verändert. Einiges ging nicht. Aber es war auch vieles möglich mit Impfungen, niedrigen Inzidenzen und kreativen Ideen. Und so sind es dann am Ende doch 75 Lesungen gewesen, die ich halten durfte – und das in einem wechselreichen Corona-Jahr. Viele Lesungen, besonders die in der zweiten Jahreshälfte, waren dann auch schon wieder vor Ort möglich. Aber gerade zu Anfang des Jahres waren es noch sehr viele digitale Veranstaltungen. Im Januar 2021 zum Beispiel war ich wieder mit Lesungen in Zürich – dieses Mal aber nur per Video-Stream. Spätestens danach war ich endgültig überzeugt von virtuellen Lesungen. Ja, der direkte Kontakt ist nahbarer, spontaner und direkter, aber auch der Ausflug in den sonst doch eher geheimen Elfenbeinturm eines Schriftstellers hat was (wenn die Technik klappt).

Die Schülerinnen und Schüler können zum Beispiel einen indiskreten Blick auf den (total unaufgeräumten) Schreibtisch eines Schriftstellers werfen, der bei mir oft kein „Schreib“-, sondern ein „Guck“-tisch ist, wenn ich bei einem Text hänge und die Gedanken zum Vogelhäuschen im Garten abschweifen. Und in meiner Schreibstube kann die Kulisse ganz schnell individuell umbauen, auch mal ganz im Dunkeln lesen (wie zum Beispiel bei „Die Nacht in der Schule“) und per Chat gleich mehrere Klassen gegeneinander im Quiz antreten lassen. Aber was mich schlussendlich am meisten gewonnen hat, war eine Züricher sechste Klasse, die anstatt eines Applauses Smiley-Post-its in die Kamera gehalten hat.

Mit Tests und Impfungen durften wir AutorInnen auch wieder mehr vor Ort lesen, auch wenn ich mit den Münchner Stadtbibliotheken und den „Isar-Detektiven“ im Juni größtenteils noch digital vorgelesen habe. Das Münchner Detektiv-Quartett, das im Auftrag des Bayerischen Landtags ermittelt, war jedoch auch direkt vor Ort unterwegs, zum Beispiel in Cham mit Gerhard Hopp, Abgeordneter im Bayerischen Landtag und Mitglied des Präsidiums. Oder auch in Wörth bei Erding, in Marktheidenfeld oder Markt Höchberg. Damit haben wir die „Isar-Detektive schon zu den bayerischen Regierunsgbezirken Unterfranken, Oberpfalz, Oberbayern gebracht, fehlen noch Mittel- und Unterfranken, Niederbayern und Schwaben.

Im Herbst ist der zweite Band des Kinder-Krimis erschienen, den wir im November, rechtzeitig zum bundesweiten Vorlesetag, im Bayerischen Landtag vorgestellt haben. Dass ich dabei direkt neben Landtagspräsidentin Ilse Aigner auf dem Podium sitzen durfte, während unten eine vierte Klasse m Plenum saß, war eines meiner ganz persönlichen Highlights des Jahres. Auch bei diesem spannenden Kriminalfall, der sich um die Machenschaften in einem Tierheim dreht, bekommen die jungen LeserInnen ein bisschen politisches Wissen mit: Dieses Mal strengt die tierliebe Flo eine Petition an.

Mit Ilse Aigner persönlich war ich dann auch an einer Mittelschule in ihre Wahlkreis Miesbach. Eine echte Ehre. Bei der anschließenden Fragestunde ging es mal nicht – wie sonst gern – darum, wie man Ideen für ein Buch findet und wieviele Seiten man am Tag so schreiben kann, sondern gleich direkt um die Limousine der Landtagspräsidentin. Was echt cool war: Ilse Aigner hat die Kids einfach mitgenommen und sie kurzerhand einen Blick auf ihren Dienstwagen werfen lassen.

Ist möglicherweise ein Bild von Buch, Blume, außen und Text „DIE NACHT INDER DER SCHULE Super lesbar LIVER“

Neben den Isar-Detektiven sind noch zwei weitere Bücher erschienen, auf deren Cover Anja Janotta steht: Im Februar 2021 kam die lang erwartete „Nacht in der Schule“ raus. Ein tolles Projekt, denn die Idee ist mir auf einer Lesung von einer fünften Klasse aus Heilbronn eingeflüstert worden. Diese Klasse war dann auch meine Premieren-Gäste. Das ging leider nicht vor Ort (wo ich sehr gern die Bücherei besucht hätte, in der diese Idee geboren wurde), sondern nur virtuell in die einzelnen Kinderzimmer, denn das war im Februar während des Lockdowns.

Und noch ein 2021er Buch, auf dem auch mein Name steht: „Annemone Apfelstroh“. Auch das ist ein ganz besonderes Buch. Denn das entstand während des ersten Lockdowns 2020. Damals waren wir zehn Kinderbuch-AutorInnen, die sich eine kleine kreative Challenge gestellt hatten: Wir schreiben gemeinsam eine Staffel-Geschichte. Karin Müller begann mit dem ersten Kapitel und dann wurde es blind und ohne jede weitere Planung an den nächsten Kollegen weitergereicht, und dann an die nächste usw. Die jeweils eigenen Kapitel haben wir dann der Reihe nach auf Youtube vorgelesen. Weil dieses Experiment dem Carlsen-Verlag so gut gefallen hat, wurde daraus im vergangenen Sommer ein gedrucktes Buch mit vielen wunderbaren Zeichnungen von Florentine Prechtel. Mitgeschrieben haben neben Karin Müller noch Wolfram Hänel, Alice Pantermüller, Rüdiger Bertram, Juma Kliebenstein, Chantal Schreiber, Nikola Huppertz, Sven Gerhardt, Dagmar H. Mueller und ich. (Hier gäbe es eine kleine Hörprobe: https://www.youtube.com/watch?v=CMAI8H6Itns.) Wir AutorInnen haben vereinbart, dass wir alle auch aus den jeweiligen Kapiteln der anderen vorlesen dürfen. Macht Spaß und gute Laune bei den ZuhörerInnen, kann ich bestätigen. Und dank der vielen lustigen Einfälle der Kinder weiß ich heute, wie die Geschichte auch eine ganz, ganz andere Wendung hätte nehmen können.

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2021 war insofern aber auch ein besonderes Jahr, weil das Programm Neustart Kultur der Bundesrepublik Deutschland uns AutorInnen viele weitere Lesungen ermöglicht hat, die sonst niemals stattgefunden hätten. Die großzügige Dotierung für die Schriftsteller wurde ganz aus dem Literaturfond bestritten, sodass auch mal kleine Büchereien ohne großes Lesungsbudget davon profitierten, so zum Beispiel auch viele kleinere Häuser rund um Karlsruhe, wo ich – organisiert vom Regierungspräsidium – im Herbst unterwegs war. Fabelhaft wegen der vielen lustigen Kinder, die sich so sehr wieder über echte Highlights in ihrem Schulleben gefreut haben – und ein minibisschen auch deshalb, weil mein Hotel neben der vermutlich besten Patisserie Deutschlands lag.

Mit Margit Ruile habe ich dann – hier hat uns der Friedrich Bödecker-Kreis mit „Kultur macht stark“ unterstützt – noch einen kleinen Märchen-Schreibworkshop in einem Hort hier in der Umgebung halten dürfen: Großartige Geshcichten und Bilder sind hier entstanden.

Und ein Jahresausklang mit Lesungen in Konstanz am Bodensee sind natürlich – bei schönstem Wetter und Weitblick – echt eine Show. So könnte es 2022 glatt weitergehen.

Und wie es dann wirklich ? Drei Lesereisen sind schon mal fest geplant. Die erste beginnt gleich im Januar – in Zürich (wieder digital). Einige weitere Termine stehen und ich hoffe auch noch auf das eine oder andere Festival mit mehreren Kollegen. Denn das ist neben den strahlenden Kinderaugen, einem mitfiebernden Publikum und vielen gespannten Zuhörern auch immer etwas richtig Schönes – KollegInnen treffen. Beim Festival Käpt’n Book in Bonn und bei der Braunschweiger Jugendbuchwoche gab es 2021 jede Menge lebhafter Stammtische, tiefer Gespräche und spannender Begegnungen.

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Daneben sind auch viele ganz bezaubernde KollegInnen ja fast vor meiner Haustür zuhause – die Isarautoren, mit denen wir 2022 ganz viele spannende Projekte angehen werden. Das schönste 2021 war für mich der strahlende Adventskalender. Ach ja, die tollen Begegnungen mit vielen interessanten, belesenen Leuten – das ist wahrscheinlich der schönste Teil am Job (neben dem Schreiben und dem Vorlesen, natürlich).