K3, so abgeklärt und nüchtern haben die Heilbronner ihr gläsernes Haus getauft, in dem sie neben dem Theaterforum auch ihre Bücherei und – lustigerweise – auch ein Spielwarengeschäft, eine Lotto-Bude und einen Bäcker untergebracht haben. Aber das täuscht: Die Heilbronner Bücherei ist echt riesengroß, mit respektablen 200.000 Medien ausgestattet (darunter auch der „Theoretikerclub 1/2“ von mir!), hat eine eigene Lese-Marke den Clix-Club aufgebaut und – vor allem ein kreatives Publikum, das seinesgleichen sucht.
Bei meinen beiden Lesungen habe ich derart aktive, kreative Heilbronner Kinder erlebt, dass es eine echt inspirierende Freude war. Unter den ersten 60 Zuhörern schrieb mindestens die Hälfte der Kinder selbst Geschichten, einige hatten sogar einen ganzen Roman in der Schublade. Ich musste mit meinen Schriftstellerkollegen tiefgreifend lange darüber fachsimpeln, ob man besser mit oder ohne Exposé arbeitet, wie man den roten Faden behält und wie viele Seitenarme eine Handlung verträgt. Mit Fünftklässlern! Gut, dass die Bücherei in den Ferien Schreibkurse anbietet, so viel kreatives Potenzial will gehoben werden.
Und wer denkt, das kann man nicht toppen – weit gefehlt. Die nachfolgende Truppe – ebenfalls 60 Kinder – schlug rotzfrech vor: „Können Sie nicht mal was über unsere Klasse schreiben? Einen Roman, in dem wir alle vorkommen?“ „Sowas wie: „Die komische 5b“. So ein Ansinnen hatte ich bisher noch in keiner Lesung. Und als ich dann fragte, was für eine Art dieser Roman denn sein sollte, kamen die jungen Zuhörer mit richtig guten Plot-Ideen ums Eck. Eine davon hat mir so gut gefallen, dass ich mir wirklich überlege, daraus ein Exposé zu backen. Jedenfalls habe ich einen Zettel mit nach Hause genommen auf dem 60 Namen stehen. Der Roman muss wohl von einer ganz großen Klasse handeln …
Und ach ja, ich glaube, ich brauche noch einen weiteren Lesesessel… Meine Entdeckung aus Lindenberg steht ja auch in unserem Wohnzimmer und der hier würde wirklich gut dazu passen.