Die Kirschbäume hatten sich mächtig ins Zeug gelegt in Zürich, die ganze Allee vor dem Hotel Scheuble war in weiße Blüten getaucht. Mit diesem frühlingshaften Spalier macht es natürlich doppelt Spaß, in eine Lesewoche mit den Kollegen und Kolleginnen aus allen deutschsprachigen Ländern einzutauchen. Fast 25 Kollegen und Kolleginnen waren wir in der letzten Märzwoche, die für Literatur aus erster Hand an den Schulen in Zürich und Umgebung unterwegs waren. Muss ich sagen, dass ich es sehr mag in Zürich? Nicht nur wegen der Kolleginnen und Kollegen, mit denen man die traditionsreichen Gaststätten und experimentellen Theaterstücke in Zürich ausprobieren kann – aber auch deswegen.
Aber auch weil es so wundervolle Begegnungen gibt wie in der Schule in Zürich-Friesenberg. Dort kümmert sich eine unglaublich warmherzige Pädagogin um die Kinder fernab von allen Lehrplänen und Unterrichtsmaterial. Weil sie jeden beim Namen kennt und mit ihm oder ihr manchmal persönliche Bank-Zeit verbringt. In der geht es eine ganze Schulstunde lang nur um Dinge, die die Schülerin oder den Schüer kreativ oder emotional weiterbringen, die mit Schulstoff aber nichts zu tun haben müssen. Ein echtes Geschenk für die Kinder, die diese Herzlichkeit und Wertschätzung dann auch gleich der Autorin wiedergeben, die ihnen vorliest und sie im Quiz gegeneinander antreten lässt. Manchmal auch begleitet von zwei Lehrern, die den Wettkampf ihrer Klassen mit sportlichem und augenzwinkernden Ehrgeiz begleiteten. Gerade, dass ich nicht als Schiedsrichter die beiden Coaches vom Platz stellen musste. Aber wenn sich die Lehrpersonen so reinhängen, macht das natürlich allen besonders viel Spaß.
Eine komplett andere, aber dafür mindestens genauso spannende Lesung hatte ich in Stäfa im Schulinternat Redlikon. Nur sechs Schüler waren es, die der „Linkslesestärke“ lauschten. Ein ganz kleiner, aber dafür ganz intimer Kreis, und eine ganz besondere Form der Leseförderung. Manche tun sich hart mit dem Zuhören, dem längeren Sitzenbleiben oder mit dem Schreiben. Beim Raten und Malen von Wortspielen waren sie aber sofort Feuer und Flamme dabei. Der Kratz-Baum zum Beispiel war eines der Rätsel, die sie mir aufgegeben haben.
Liebes Zürich, jammerschade, dass wir uns nächstes Jahr nicht sehen. Vermisse Dich jetzt schon. Die KollegInnen übrigens auch, habe ich gehört. Aber vielleicht später mal wieder?