Baden-Württemberg ist ja – wir haben die Werbung jahrelang gehört – das Land, in dem man es nicht so hat mit dem Hochdeutsch. Aber dafür mit dem kreativen Umgang mit Sprache und Worten, nicht zuletzt nennt sich das Bundesland derzeit „The Länd“. Wie kreativ es hier zugeht – das haben mir die Zuhörerinnen und Zuhörer meiner jüngsten Lesereise eindrucksvoll bewiesen. In Erligheim und in Kernen malten die jungen Zuhlrerinnen und Zuhörer viele findige Wortspiele. Eines davon ist zum Beispiel „Heiss auf Lesen“, das sich ein Mädchen aus Kernen ausgedacht hat. Denn meine zwölf Lesungen fanden zum Auftakt des Sommerleseclubs der Büchereien im Regierungsbezirk Stuttgart statt, der unter diesem Motto läuft „Heiss aufs Lesen“.
Dank der umfassenden Förderung durch Neustart Kultur führte mich die Reise auch in kleine Orte, wie eben Erligheim und Kernen – und dazu noch Löchgau, Bönnigheim, Urbach, Nordheim, Nürtingen-Oberensingen oder Heiningen, also in Büchereien, die sonst vielleicht keinen so großen Lesungsetat haben. Was total schön war, denn in diesen kleinen Ortschaften sind so manches Mal ein beachtliches Aktivitätenprogramm, tolle Aktionen zur Leseförderung und eine bezaubernde Bücherei-Architektur zu bestaunen: das Fachwerk noch aus dem 16. oder 17. Jahrhundert, die Wandmalereien noch im Original, die geheimnisvoll knarzende Treppe ebenso. In Urbach zum Beispiel, wo neben der Bücherei gleich noch ein Heimatmuseum in dem eindrucksvollen Fachwerkgebäude zu finden ist, nebst aktueller Kunstausstellung. Ein echter Ort der kulturellen Begegnung.
Auch in Nordheim ist die Bücherei schon ein klein wenig älter, so ca. 500 Jahre. Außerdem kann man gleich im benachbarten Garten, der zur Landesgartenschau angelegt wurde, wundervoll schmökern. Hier liegt übrigens beides, ein fabelhafter Picknick- und Schmökerplatz, den ich höchstpersönlich mit den beiden Damen von der Bibliothek austesten konnte.
Wie nachhaltig die Begegnungen mit den Autoren übrigens sind, hat mir Nordheim ebenfalls gezeigt. Sven Gerhardt, der mit mir und acht anderen AutorInnen die „Annemone Apfelstroh“ verfasst hat, war einige Monate zuvor in Nordheim. Über die Hälfte der GrundschülerInnen, denen ich vorgelesen haben, hatte nach der letzten Lesung „Die Heuhaufenhalunken“ von Sven gelesen. Unglaublich viele! Der Kollege genießt hier jedenfalls fast Heldenstatus. Und ein bisschen von seinem strahlenden Glanz durfte ich zum Glück mit der „Annemone“ nun auch abstauben 🙂
Ganz besonders fasziniert hat mich auch die Architektur in Schwäbisch Gmünd, wo sich die Ortsbücherei in einem vierstöckigen ehemaligen Spital befindet. Es soll Autoren-KollegInnen geben, die hier täglich an ihren Bücher schreiben. Also, wenn das so ist, würde ich mich auch zum Freiwilligen Sozialen Autorenjahr (FSA) bewerben oder auch als Bibibliotheksmaus? Wo finde ich denn das entsprechende Formular?
Wenn es allerdings um das herzliche Willkommen geht, dann würde ich überall im Länd unterschlüpfen. Auch und sofort zum Beispiel in Sindelfingen. Zuallererst wegen der netten Kolleginnen, die ich dann hätte. Und wegen noch etwas: Hier hat der Deutsche Meister der Pralinenkunst eine Filiale hat (die Erzeugnisse durfte ich gleich mal austesten, dankeschön!). Aber nicht nur in Sindelfingen, so liebevoll, absolut persönlich und warmherzig war der Empfang überall, dass ich überall hin gerne nochmal wiederkäme – zur Not auch in einem FSA.
Jedenfalls haben wir ordentlich Stimmung gemacht für „Heiss auf Lesen“, denn die Temperaturen sind so richtig in die Höhe geklettert. Bis auf 37 Grad sogar. Also, wenn das mal kein gutes Omen ist für die Sommerleseaktion. Ganz herzlich Danke für die tolle Einladung an alle beteiligten Büchereien und ein besonderes Dankeschön an die Büchereifachstelle und das Regierungspräsidium Stuttgart für die lückenlose Organisation.
Ach ja, und das sind dann übrigens meine Neuzugänge aus dem Länd, die im Wörterbuch der „Linkslesestärke“ aufgenommen wurden: